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Freitag, 30. Oktober 2020

Viel mehr als ein indischer Kalle Blomquist - Die Detektive vom Bhoot-Basar (Deepa Anappara)

Die besten Bücher begegnen mir immer per Zufall! So war es auch mit diesem. Wegen seiner kräftigen pinken Farbe stach es einfach auf dem Büchertisch mit den Neuheiten hervor, obwohl nur drei Exemplare darauf lagen. Das Cover, der Klappentext und dann noch das Meinungsprädikat von Ian McEwan waren mehr als genug Gründe, dass ich es kaufte und mich schnell auf den Heimweg zu meinem Lesesessel aufmachte. 
(Mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt Verlages)


Das Buch hatte mich gefunden und jetzt fand ich mich mühelos in die Geschichte vom neunjährigen Jai, seiner klugen Freundin Pari und dem loyalen Freund Faiz, die gemeinsam ihr kindliches "Fernsehwisssen" nutzen, um als Detektive auf die Suche nach einem vermissten Mitschüler zu gehen.

Wie ihr schon ahnt, hat mich der Lesestoff vollständig überzeugt und jetzt sitze ich hier vor meiner Tastatur und möchte mich zur leidenschaftlichen 'Empfehlerin' und Verfechterin dieses Buches machen, denn ich erlebe auf den Bestsellerlisten immer die gleichen, teils lahmen, teils mehr oder minder spannenden Autoren.

Mit "Die Detektive vom Bhoot-Basar" hingegen halte ich ein Werk in der Hand, dass ich beim Lesen als außergewöhnlich, erzählerisch herausragend und vor Kreativität strotzend empfand. Meinem Empfinden nach gehört so ein Buch auf alle Büchertische und in die Hände aller Leser*innen weltweit.
Demzufolge auch unbedingt auf die bekannten Bestsellerlisten. 
An der Relevanz des Themas gibt es keinen Zweifel, da der Roman auf einer wahren Begebenheit beruht und seine kulturvermittelnde Kraft uns allen viel zu geben vermag. 

Die Autorin erzählt bunt und nimmt die Leser dabei mit in den Alltag der Kinder und Familien. Gemeinsam steht man in den Schlangen vor dem Toilettenhaus, sitzt in der Schulklasse, sieht den Dreck auf der Schuluniform, kämpft sich durch undurchdringlichen Smog, erlebt Düfte und Geräusche des Bhoot-Basars, isst Rotis und Dal in engen 1-Zimmer Häusern und hört die Meinung der Erwachsenen auf der Straße.

In dieser Welt, einem Armenviertel, dem Basti, am nördlichen Stadtrand, versuchen sich drei Kinder als Detektive, da die Welt der Erwachsenen keinen Halt und Verlass mehr bietet. Immer mehr ihrer Mitschüler verschwinden spurlos, doch die korrupte Polizei kassiert ohne Skrupel Bestechungsgelder, unternimmt jedoch nichts gegen die anwachsenden Vermisstenfälle. Stattdessen sprechen sie Drohungen aus und verhaften voller Vorurteile die unschuldigen Familienmitglieder der Bewohner. 

Deepa Anappara täuscht nicht über die sozialen Spannungen und den Ernst der Lage hinweg, doch sie ist eine Kennerin der Lebensumstände und schafft es mit einer positiven, leichten Sprache aus einer jungen Perspektive, den Lesern das harte und auch teilweise aussichtslose Leben der Menschen im Basti näherzubringen und den Kriminalfall aufzuklären.

Ungeachtet der realen Hintergründe hat dieser Roman die Fähigkeit zu unterhalten, ist spannend und ermöglicht der Leserschaft, problemlos in eine andere, exotische Welt abzutauchen. Dabei können aktuelle Pandemieprobleme gerne mal vergessen werden.

Generell bin ich geizig mit Sternebewertungen und meistens lasse ich dann etwas Luft nach oben, aber diesem Werk möchte ich, ohne zu zögern, die höchste Bewertung  - also 5 Sterne - geben.

Euch allen viel Spaß beim Lesen!

Eure 

Caroline





 

Mittwoch, 26. Dezember 2018

Juli Zeh - Neujahr und Unterleuten - im Doppelpack

(c) Luchterhand




Ich kann dieses Jahr nicht verstreichen lassen, ohne ein paar Worte über die Bücher von Juli Zeh zu verlieren, denn die Lektüre ihrer Romane ist ein bisschen so, wie eine neue Brille aufzusetzen, mit der man dann endlich alles richtig scharf sehen kann! Und was gibt es zu sehen? Eine Menge, soviel steht fest: Ihre Ideen sind abgedreht, ihre Bücher voller Überraschungen und stichhaltiger Tatsachen, voller echter Menschen und deren Abgründe.
Sie seziert die Dilemma der Gesellschaft und baut daraus Geschichten zusammen, in denen man sich wiederfindet und auch wieder nicht. Ich war sehr erfreut und finde es super verdient, dass sie nun vor ein paar Tagen zur ehrenamtlichen Verfassungsrichterin in Brandenburg berufen wurde. Eine bessere Besetzung, als einen derart klarsichtigen Menschen, wie Juli Zeh kann es für dieses Amt kaum geben. Ihr merkt schon ich bin ein Fan und wiederhole mich da ein bisschen... Weil ich erst kürzlich über 'Leere Herzen' geschrieben habe, sollt ihr nun meine kurzen Zusammenfassungen zu ihrem aktuellen Buch: "Neujahr" und dem etwas länger bekannten "Unterleuten" lesen dürfen. 



Neujahr




Als Henning den Jahreswechsel mit seiner Familie, auf Lanzarote verbringen will, scheint es zunächst ein ganz normaler Familienurlaub zu werden. Die noch sehr kleinen Kinder fordern ihre Eltern aufs Äußerste und Silvester wird dementsprechend verhalten gefeiert. Ein gemeinsames Glas Rotwein kann die Atmosphäre nicht mehr retten, welche durch diverse Kontroversen schon den Bach runter ist. Am nächsten Tag - Neujahr - steigt Henning schon sehr früh aufs Rad, um die Insel zu erkunden. Vielleicht ist der Wunsch der Situation zu entkommen so groß, dass er Wasser und Proviant vergisst, um mit seinem nicht ganz geeigneten Tourenrad eine weite Strecke bis zur Spitze des Berges zu bewältigen. Mit der Rotation der Pedale, rotieren auch Hennings Gedanken. Er denkt an das Arbeitspensum, dass so groß ist, dass er es kaum packen kann, wenn er den Job mit den erwartbaren familiären und persönlichen Anforderungen in Einklang bringen will. Doch mit jedem Meter Steigung und jeder Kurve wird klar, seine Sorgen gehen weit darüber hinaus. Frust und Zorn kommen an die Oberfläche, seltsame Gedankenbilder überfallen ihn unterwegs. Als er oben auf dem Gipfel angelangt ist, erlebt er eine tiefgreifende Überraschung, die so nicht vorherzusehen war. Es ist leider unmöglich mehr von der Geschichte zu verraten, ohne die Lesefreude zu verderben. Der Roman ist sehr kurz, aber auch sehr prägnant und die Geschehnisse sind folgenreich für Henning. Empfehlung!




Unterleuten

(c) btb Verlag

Meine Tante schickte mir diesen Roman zum Geburtstag und in ihrer Grußkarte schrieb sie in nachdrücklichen Worten: "Dieser Roman will unbedingt gelesen werden! Es ist wichtig, dass du dieses Buch auf jeden Fall liest. Falls du es schon kennst, dann gibt das Buch bitte weiter, damit es jemand anderes lesen kann." Was mag sich schon hinter so einem schlichten weißen Buchdeckel mit einer kümmerlichen Vogel-Kreatur darauf verbergen?

Eine vielschichtige und spannende Dorfgeschichte aus dem Dorf Unterleuten. Eine ländliche Idylle vor den Toren Berlins, oder doch ein übler Ort, an dem so manches faul ist?

Das Buch ist bereits 2010 entstanden und betrachtet Wende, Infrastrukturentwicklung, gesellschaftliche Umbrüche einmal aus der Perspektive einer Dorfgemeinschaft. Die Autorin wechselt mit jedem Abschnitt die erzählenden Person und so erlebt der Leser die Geschichte durch viele Augen: Die der Vogelschützter, Automechaniker, Bürgermeister, Neubürgerinnen und Neubürger, Alteingesessenen, Ehefrauen usw. Jeder Blickwinkel ist anders und jeder beharrt auf seiner richtigen Wahrnehmung. Die Antwort darauf was wahr ist und was nicht, das bleibt an vielen Stellen offen. Die Wahrheit liegt oftmals im Auge des Betrachters. Die Geschichte um den Bau eines Windparks und die mutmaßlichen Gewinner dieser Aktion spitzt sich dramatisch zu, bis es zu einem tragischen und perfiden Ende kommt.. 
Das Buch ist mit viel Kenntnisreichtum und Sorgfalt geschrieben und darüber hinaus wirklich spannend. Ein paar kleine characterbezogene Wendungen kaufe ich ihr bei 1-2 Figuren nicht ab, dass ist aber vor allem Geschmackssache. Letztendlich ist die Geschichte genau so grotesk und genau so spannend wie sie sein sollte, um ein geniales Buch zu sein.
Vermutlich steht es bereits bei dem einen oder anderem im Bücherregal, oder liegt noch auf dem einen oder anderen 'Stapel ungelesener Bücher'. Ein kluges und bereicherndes Buch, das ich hiermit unbedingt empfehlen möchte. 

Sonntag, 7. Oktober 2018

NEUZUGANG.... und schon mal reingelesen!! - Timur Vermes - Die Hungrigen und die Satten

Timur Vermes - Die Hungrigen und die Satten (Erster Eindruck)


Vielleicht ist es ein Vorteil, dass ich "Er ist wieder da" niemals gelesen, gehört oder als Film gesehen habe. Ich war mir nie sicher, ob das so meine Art von Humor ist. Vielleicht waren mir andere Bücher auch immer wichtiger. Trotz dieser Unkenntnis erhielt ich vor kurzem ein Rezensionsexemplar des neuen Timur Vermes Romans - Die Hungrigen und die Satten!

Zögerlich steckte ich also meinen Kopf in dieses neue Buch mit dem eigenartigen Titel und dem kühlen Äußeren. Schon nach ein paar Kapiteln bin ich gepackt und überrumpelt von dem "Film", der nun in meinem Kopf abläuft! Ich bin gefesselt von der satten farbigen Sprache und der wahnwitzigen und feingeschliffenen Satire und frage mich wohin das alles führen wird...

Zum Inhalt
Europa hat sich abgeschottet, die Grenzen verlaufen mittlerweile jenseits der Sahara, so dass kein Flüchtling jemals eine Chance hat das Mittelmeer zu erreichen. An dieser Grenze befindet sich das größte Flüchtlingslager der Welt; eine Zeltstadt so ausgedehnt wie eine europäische Hauptstadt! Hier beginnt die Geschichte mit dem Flüchtling der neue Schuhe hat und jede Menge Zeit, so dass er eigentlich nach Europa laufen könnte, wäre die Sahara nicht..

Weiter geht es mit einem in der Sommerpause gelangweilten Staatssekretär, dem sein Privatleben zwischen Küchenplanung und homoxexuellem Beziehungsleben mehr abverlangt, als seine aktuelle Regierungsarbeit. Wobei 'Whats Appen' im Plenarsaal sicher nicht als Regierungsarbeit gilt.
Danach geht es ohne nennenswerte Überleitung zu einer Dame namens Nadesch Hackenbusch, eine Moderatorin bekannt für ihre Fernsehsendungen aus deutschen Flüchtlingsheimen; ein TV-Sternchen, dass die neue Margarete Schreinemakers werden will.
Die naiven TV- und Mode- Menschen wagen mit ihr als Frontfrau ein ausgedehntes Fernseh-Special aus dem größten Flüchtlingslager der Welt. Die Einschaltquoten schießen in die Höhe und Millionen von Menschen nehmen wochenlang am wahrhaftigen Geschehen im Flüchtlingslager teil. Doch kann das Team einfach wieder abreisen, nachdem ein Millionenpublikum den Alltag dort gesehen hat? Welche verrückten Dingen werden, den in Krisenregionen unerfahrenen Produktionsleuten, noch alles einfallen?
Was wird die Frauenzeitschrift 'Evangeline' darüber schreiben? Und wie kann der Staatsschutz das Schlimmste noch verhindern?

Meinung Wie soll man nun diese prall gefüllte Gesellschaftssatire beschreiben? 
Wer das liest, bekommt eine treffende und groteske Satire, bei der jeder Satz sitzt und die böse realistische Stimmung einem von hinten den Nacken hinaufkriecht. Eine Satire, die auch unsere eigene Selbstgefälligkeit unter die Lupe nimmt, dabei aber nicht belehrt, sondern köstlich unterhält!

Ich bin ja keine typische Hörbuch-Konsumentin, aber ich habe bei diesem Buch mal hineingehört und bin gleich total überzeugt!
Das Hörbuch wird von Christoph Maria Herbst gelesen, der einfach ein vielseitiger und genialer Sprecher ist  (der Einzige bei dem mir konstantes Zuhören gelingt) und die Beste Wahl für diese Genre. 

Bitte checkt es also unbedingt mal ab, ob das was für euch ist? Ich empfehle das Buch allen, die Satire und Humor mögen sehr!


Caroline



Samstag, 22. April 2017

[Rezension] Duft nach Weiss - Stefanie Gregg

(Mit freundlicher Genehmigung von Pendragon)

Danke für die Empfehlung

Der kleine aber feine Bielefelder Verlag Pendragon, liegt in der Nachbarschaft zu meinem Heimatort Gütersloh und das ist einer der Gründe, warum ich gerne ein Buch aus dem Verlagsprogramm besprechen und vorstellen wollte. Auf der Frankfurter Buchmesse empfahl mir eine Mitarbeiterin diesen Titel und ich erhielt das gedruckte Werk als Leseexemplar. Für mich war und ist der Tipp ein Volltreffer. Warum, dass könnt ihr hier genauer erfahren.

Inhalt

In der Hauptgeschichte geht es um das fünfjährige Mädchen Anelija, die sich im Jahr 1975 von ihrer Majka verabschieden muss, denn die junge Mutter "flieht" aus 'Liebesgründen' von Bulgarien nach Westdeutschland und lässt ihre kleine Tochter bei der Oma und der Urgroßmutter zurück. Diese Trennung war endgültig, Besuche nicht möglich, denn die Volksrepublik Bulgarien duldete, während der Ära Schiwkow keine Landesflucht und betrachtete jeden der Ausreiste als Staatsfeind.

Für Anelija ist der Abschied von ihrer Mutter ihre schwerste Kindheitserfahrung, denn auch ihr Vater ist unbekannt. Glücklicherweise bleiben ihr ihre Babas (Großmütter), bei denen sie sehr viel Liebe und Geborgenheit erfährt und so führen sie gemeinsam ein bescheidenes und äußerlich unantastbares, regimegetreues Landleben in der Gegend von Radilovo.

Anlelija geht hier in die Dorfschule und wird häufig von ihren Mitschülern für ihre Mutterlosigkeit gehänselt. Auch Behörden und Funktionäre beäugen ihre familiäre Situation immer wieder kritisch, besonders wenn das Mädchen die Lehrerin fragt warum der Kommunismus der kleinen familiären Landwirtschaft nur Nachteile bringt? Den einzigen Kontakt, den das Kind immer noch zu ihrer Mutter hat, sind die Briefe, die immer mal wieder per LKW-Transport nach Bulgarien geschmuggelt werden. Die Briefe sind auf schneeweißem Papier, heller als Anelija es jemals gesehen hat. Zu Ostern und Weihnachten kommen auch meist üppige Schokoladenpakete von der Mutter.

Das Mädchen beantwortet die Briefe der Mutter meist mit spärlichen Zeilen, denn die Post aus Deutschland ist ihr einerseits heilig, andererseits lösen die Briefe sehr gemischte Gefühle in ihr aus.
Stefanie Gregg erzählt sehr greifbar und gefühlvoll aus diesem einfachen Leben, von Gerüchen und Emotionen, Dingen die nicht ausgesprochen werden, dem Ehrgeiz, mit dem  Anelija durchs Leben geht und von den vielen kleinen Verletzungen und Leiden, die sie erfährt, weil ihre abtrünnige Mutter offenbar ein unsichtbares Makel auf ihr hinterlassen hat, eines dass sie gesellschaftlich stigmatisiert. 
In der Schule lernt sie sehr schnell lesen und ist immer eine der besten Schülerinnen.
Doch es gibt auch Hindernisse: Die sozialistischen Arbeitsdienste sind oft alles andere als Zuckerschlecken und kaum erfüllbar, trotzdem zählen sie in das schulische Bewertungssystem hinein. Anelija muss diese Aufgaben bewältigen, daran führt keine Weg vorbei und ihr Ziel ist es, dass sie nach der Grundschule auch noch das Gymnasium besuchen darf. Die Babas sind eigentlich zu arm, um den Besuch der höheren Schule zu finanzieren, doch schließlich findet sich eine tragbare Lösung, die diesen Wunsch in greifbare Nähe bringt.
Immer wieder begegnet sie Menschen denen sie vertraut und die sie ermutigen ihren eigenen Weg zu finden. Mit Eifer interessiert Anelija sich für alles Deutsche, sie findet Unterstützer und Gegner und lernt leider mit jedem weiteren Jahr in Bulgarien die Grenzen der Meinungs- und Entwicklungsfreiheit in der Volksrepublik Bulgarien kennen. Verzwickte Lebensmomente steigern die Spannung und als Leserin habe ich immer mit der Heldin mitgefiebert. Den Rest lassen ich hier getrost offen. Bitte selber lesen!


Stil und Wirkung

Die Handlung beginnt in einer noch nahen Vergangenheit - für mich also praktisch Gegenwart - im Jahr 1995 und wird in Rückblicken erzählt. Anhand dieser Verankerung im hier und heute wird die Sichtbarkeit der gegenwärtigen Relevanz dieser Einzelgeschichte für unsere europäische Gesamtidentität für den Leser erfahrbar. Außerdem ist die Rahmenhandlung eine zauberhafte romantische Liebesgeschichte, die das Gesamtpaket zusätzlich bereichert. 
Neben dem Verlauf der Haupthandlung wird eine weitere Geschichte vorangetrieben, die sich im zeitlichen Spektrum von 1968 bis 1992 bewegt und die Biografie des regimekritischen Exil-Schriftstellers Georgi Markow nachempfindet. Georgi Markow, der 1978 Opfer des perfiden Regenschirm-Attentats in London wurde. Im Spionagemuseum in Berlin sind hierzu Exponate zu sehen.
Die Erzähl-Ströme, die durchgängig eine angedeutete Verbindung haben und auch zeitgeschichtlich zusammengehören, stehen inhaltlich nebeneinander und die angedeutete Verbindung wird erst ganz am Ende des Buches bestätigt. Diese historische Nebenhandlung ist einer bereichernde Vervollständigung die den Roman aus meiner Perspektive besonders informativ und komplett macht.


Fazit

Die Autorin erzählt mit Leichtigkeit von einem Leben, das alles andere als Leicht war. Gelungen hält sie eine optimistische und zuversichtliche Balance und vermag doch die Realität im ländlichen Bulgarien sehr vorstellbar zu skizzieren. Ich habe jede Seite mit Genuss gelesen, immer in dem Empfinden das dieses Buch tatsächlich ein federleichtes Stück wichtige Literatur ist und mich darüber hinaus sehr sehr spannend unterhält. In Anelijas Leidensmomenten habe ich mit ihr gelitten und gehofft. Oft gerätselt und gebangt wie sie aus den vertrakten Lebensituationen wieder herauskommen kann. Der Roman wirkt sehr authentisch und ich möchte ihn Euch von Herzen empfehlen!
Ein literarisches, kompaktes und sehr gut lesbares Werk, dass man einer großen Leserschaft getrost ans Herz legen kann. Ein Buch zum Reisen und verschenken, für die Handtasche oder eine sonnige Mittagspause.


An den Verlag

Lieben Dank Pendragon Verlag für das wunderbare Leseexemplaar von "Duft nach Weiß" von Stefanie Gregg. Ich habe das Buch aufgesogen und sehr genossen. Die Geschichte ist so zart und leicht erzählt und so wunderbar zu lesen. Stefanie Gregg ist auf jeden Fall eine Autorin, die ich im Auge behalten werde.


Eure Caroline

Montag, 24. Oktober 2016

Kritischer Exil-Redakteur Can Dündar im ARD Talk
auf der Frankfurter Buchmesse 2016 #FBM16

Nach der Untersuchungshaft: Redakteur will gefangenen Journalisten in der Türkei eine Stimme geben.
Buchvorstellung


Can Dündar auf der ARD Bühne Frankfurt 2016 (c) Caroline Schultz
Mit seinem Buch "Lebenslang für die Wahrheit" ist der türkische Buchautor und Journalist Can Dündar vielerorts in den Medien vertreten. Auch auf der Frankfurter Buchmesse 2016 sprach er auf der ARD Bühne über seine Aufzeichnungen im Gefängnis und die politische Lage in der Türkei.
Ein Übersetzer übermittelt Fragen und Antworten des Buchautors
 (c) Caroline Schultz.
Can Dündar ist ein türkischer Journalist und ehemaliger Chefredakteur der türkischen Zeitung Cumhuriyet. Dündar und die Cumhuriyet berichteten über geheime, mutmaßliche illegale Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an islamische Milizen in Syrien im Jahr 2014. In Folge dieser Berichterstattung begannen türkische Staatsanwälte Ermittlungen gegen den Chefredakteur und klagen ihn wegen Spionage und Verrat von Staatsgeheimnissen an. Staatspräsident Erdogan stellte persönlich Strafanzeige und fordert lebenslange Haft für den 55-jährigen. Nach drei Monaten kommen Dündar und weitere Journalisten vorläufig frei, doch er wird schuldig gesprochen und zu annähernd sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dündar geht jedoch in die Berufung, dann bei einer Gerichtsverhandlung wird auf den Enthüllungsjournalist geschossen. Der Täter ist ein AKP-Mitglied. Erdogan selbst hat die Freilassung Can Dündars durch die Verfassungsrichter nie akzeptiert. Während seiner Zeit im Gefängnis verfasste Can Dündar handschriftlich sein Buch "Lebenslang für die Freiheit", dass den Zustand in der Türkei beschreibt. Nun versteckt sich Can Dündar im Exil vor weiteren Übergriffen und spricht über seine Haft und die Lage in der Türkei. 


Zitate aus dem ARD Gespräch:

"Mit dem Buch möchte ich meinen inhaftierten Kollegen in der Türkei eine Stimme geben."

"Schreiben ist Rettung, Schreiben bedeutet außerhalb der Gefängnismauern leben, aber auch das Traurige der Öffentlichkeit mitzuteilen"


"Ich habe mich im Gefängnis als Teil einer großen Schriftstellerfamile gefühlt, das hat mir geholfen, denn unser Wille sollte durch die Isolation gebrochen werden."


"Ich wollte eigentlich nicht ins Ausland gehen, und ich bin Anfangs geblieben, weil es die Wahrheit ist, was ich geschrieben habe."


Der ARD Moderator fragt nach, warum Erdogan so persönlich gegen ihn vorgeht? Dündar gibt hierauf eine zweiteilige Antwort:

"Erdogan möchte, das ihm die türkische Bevölkerung hundertprozentig gehorcht, wer sich nicht daran hält, wird mundtot gemacht, damit andere Menschen nicht ebenfalls zum Ungehorsam ermuntert werden."
 Außerdem spricht er davon, dass der Journalist eine Korruptionsakte des türkischen Staatoberhauptes habe. "Erdogan hat Angst davor vor Gericht gestellt zu werden."

Dündar erklärt weiter: "Nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei sind jetzt Erdogans Berater zu Richtern erklärt worden. Und die wirklichen Richter sitzen nun im Gefängnis. In der Türkei herrscht der Ausnahmezustand, mehr als 100.000 Menschen wurden inhaftiert, 100 Sender und Zeitungen wurden verboten. Die ganze Nation befindet sich in AKP-Haft und das Land wird per Regierungsdekreten regiert."
Dündar beschreibt die Situation so, dass alle Menschen in der Türkei um ihr Leben kämpfen müssen: 

  • Sie müssen um ihre Berufe kämpfen
  • Sie müssen um Gleichstellung von Mann und Frau kämpfen
  • Sie müssen dafür kämpfen in einem säkularen Staat zu leben und nicht in einem religiösen.
Can Dündar drückt auch seine Enttäuschung darüber aus, dass Angela Merkel bei ihrem Staatsbesuch in der Türkei keine klaren Worte gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und für die Freilassung der inhaftierten Journalisten gefunden hat. Er stellt fest, dass sich Regierungen unter dem Druck der Flüchtlingswelle keine Kritik zutrauen. Aus diesem Grund bittet er um Unterstützung aus der Zivilgesellschaft und stellt auch konkrete Forderungen, wie z. B., dass westliche Journalisten die Arbeit der 130 gefangenen Journalisten und dutzender Schriftsteller fortsetzen sollen. Deutsche Verlage sollen die inhaftierten türkischen Schriftsteller drucken.

"Lebenslang für die Freiheit" ist bei Hoffmann & Campe erschienen. 
Seine Vita findet ihr hier.

nachdenkliche Lesegrüße von Eurer Caroline Schultz

Mit freundlicher Genehmigung von Hoffmann & Campe