Dienstag, 5. April 2016

NEUSTART - Ein Herzinfarkt kann das Ende sein -
oder der Anfang (Oliver Gaw)

Krankheit, Tod und Herzinfarkt, dass sind Themen, bei denen wir schnell vorspulen möchten oder uns direkt abwenden. Wir sind doch jung und lassen uns die Stimmung nicht verderben! Abkehr ist fast immer der erste Impuls. So auch bei mir selbst, als mir Oliver vor ein paar Jahren bei unserer ersten Begegnung direkt von seinem Infarkt erzählte. Damals wollte ich keine Details hören. Seine Geschichte interessierte mich nicht. Wie dumm ich doch war! Heute weiß ich, dass seine berührende Erzählung ein großes Geschenk ist. Für mich und alle, die es annehmen möchten. 

Vom Klappentext

"Bis zu einer Viertelmillion Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Herzinfarkt.
 Etwa 30 Prozent der Betroffenen überleben dieses Ereignis nicht. Ich erlitt zwei Herzinfarkte." 
(Oliver Gaw)

Inhalt

Mit freundlicher Genehmigung von Adeo
Oliver Gaw 46 Jahre, Familienvater und Außendienstmitarbeiter im süddeutschen Raum. Er ist ein Typ wie jeder von uns, mit Schwächen und Sturheit ausgestattet, wie wir schon in den Einstiegskapiteln erfahren.
Sein Schicksalstag ist der 28. Juli, der Tag an dem sich alles umkehrt und der eine neue Zeitrechnung notwendig macht. Nach einem ganz normalen Arbeitstag macht sich Oliver wieder auf den Heimweg. Rauf auf die Autobahn 96 Richtung Lindau. Er telefoniert noch mit seiner Chefin, dann wird ihm plötzlich schlecht...

Chronologisch erzählt Oliver die Geschichte seines Herzinfarktes, seines Überlebenskampfes, seiner Zeit im Krankenhaus und vor allem über die Achterbahn der damit verbundenen Gefühle. 
Er verschweigt nichts, bewegend offen und ehrlich lässt er den Leser an seinen Erlebnissen und Gedanken teilhaben. Die dabei entstehende Nähe ist so berührend, dass sich Tränen beim Lesen nicht vermeiden lassen.

Trotzdem bleibt das Buch zu jeder Zeit positiv und motivierend. Olivers bayrische Art, sein Blick für Lustiges und Absurdes lenkt die Handlung immer wieder auf die hellen Seiten des Lebens und sorgt auch für heitere Momente. Olivers Beschreibungen der Reha-Erfahrungen geben wieder, wie der Todkranke schließlich in den Alltag zurückgefunden hat. Immer wieder profitiert der Leser von der Offenheit des Autors, dem es tatsächlich gelingt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen...

...mehr kann ich leider nicht verraten...Nur soviel: Das Buch liest sich großartig! Weil man es gar nicht aus der Hand legen kann, hat man die 221 Seiten in kürzester Zeit durchgelesen.

Fazit

Das Buch ist packend wie ein Thriller und unterhaltsam wie ein Roman. Olivers Erzählung ist voller Witz und Anschaulichkeit, aber auch angefüllt mit tiefsinnigen Gedanken, die er dem Leser klar entfaltet und die absolut erhellend und motivierend sind. Weil er uns so offen und ehrlich in seine Gefühlswelt hineinblicken lässt, sind die erlebten Emotionen immer nachvollziehbar und man fiebert von Seite zu Seite, wie es nun weitergeht. Wie ein Phönix aus der Asche erfindet er sich neu und wird zu Oliver 2.0, der mich mit seiner lebensbejahenden Kraft einfach nur mitgerissen hat. Ich habe ein Lieblingskapitel und viele Lieblingsstellen in dem Buch und ich mag besonders, dass jedes Kapitel mit einer Weisheit, einem Spruch oder Zitat eingeleitet wird. Ich finde das in diesem Kontext sehr gelungen.
Oliver Gaw    (Foto: Kienle & Bühler)
Ich bin sicher, dass die Wiedergabe dieser Erlebnisse vor allem die Menschen bereichert, die mit vergleichbaren Erlebnissen zu kämpfen haben, aber auch die Angehörigen der Menschen, die mit einem Herzinfarkt oder einer Herzkrankheit umgehen müssen. Ich bin überzeugt, auch alle anderen Leser werden am Ende den Buchdeckel mit vollem Herzen zuklappen und sich durch den Anteil an diesen Erfahrungen beschenkt fühlen.

5 Sterne! Wenn es nicht aus dem echten Leben wäre, dann würde ich sagen "ganz großes Kino!".


Mein Nachwort

Als ich Oliver 2014 wieder sehr zufällig auf der Leipziger Buchmesse begegnete, war das irgendwie Schicksal.
Da stand ich etwas verdattert vor ihm und erklärte, dass der baumelnde Kassettenrecorder vor meinem Bauch in Wirklichkeit ein tragbarer Defibrillator ist, der mir im Notfall das Leben retten soll. Der Defi war ein wichtiger Schutz, denn im Herbst hatte auch ich ein unerwartetes und einschneidendes Herz-Erlebnis, das ich durch viele kleine Wunder unbeschadet überlebte.
Oliver sagte dazu: "Das wird dich nie wieder los lassen!" Ich habe sofort gefühlt, dass erecht hat. Das ich seine Geschichte dann in seinem Blog lesen konnte, hat mir in dieser Zeit sehr weitergeholfen. Ich war nicht mehr allein und konnte mich in vielen Teilen seiner Erlebnisse wiederentdecken. Die Menschen, die seinen Blog kommentierten, fühlten ähnlich wie ich und äußerten immer wieder den Wunsch Oliver sollte sein Schreibtalent nutzen und seine Geschichte in einem Buch veröffentlichen. Ich habe nichts dazu beigetragen, aber ich fühle mich wie eine wichtige Zeitzeugin und bin stolz auf Oliver und aufgeregt. Das er dieses Ziel verwirklicht hat ist einfach nur grandios und irgendwie auch gerecht.


Eure Caroline










Samstag, 12. März 2016

Wandern oder aufgeben? Der große Trip - Cheryl Strayed

Caroline Schultz

Sie ist kurz davor ihr Leben vollends wegzuwerfen. Mit nur 26 Jahren ist Cheryl am tiefsten Punkt ihres Daseins angekommen. Drogen, Affären und ihre gescheiterte Ehe sind die traurige Bilanz der letzten sechs Jahre. Ausgangspunkt aller Probleme ist der frühe und plötzliche Krebstod ihrer Mutter.

(c) Random House
Mit nur 20 Jahren ist sie ganz allein. Die Mutter gestorben, die Familie zerfallen und die junge Ehe gescheitert. Sie fühlt sich gefangen und das einzig Lebendige was in Cheryls Innerem noch keimt ist eine vage Idee, die ihr beim Anblick einer Reisebuch-Fotografie in den Sinn kam. Eine Wanderung durch Amerikas Wildnis. Eine Tour auf dem PCT - dem Pacific Crest Trail. Kann sie als alleinstehende Frau eine der härtesten Wildnis-Wanderrouten bestehen? Kann sie sich selbst etwas beweisen? Für Cheryl ist es der letzte Strohhalm und Hoffnungsschimmer, um eine Kehrtwende, weg von Drogen und Verfall hinzubekommen. Cheryl übernimmt Sonderschichten als Kellnerin und erarbeitet sich mühsam die notwendige Ausrüstung. Zum ersten Mal seit langer Zeit hat sie ein Ziel.

"..ein durchgehender Wildnispfad, der von der mexikanischen Grenze in Kalifornien bis kurz hinter die kanadische Grenze führte und auf den Kämmen von sieben Gebirgszügen verlief: Laguna, San Jacinto. San Bernadino, San Gabriel, Liebre, Techachapi, Sierra Nevada, Klamath und Cascades. Eine Strecke von rund 1600 Kilometern - Luftlinie. Aber der Pfad war mehr als doppelt so lang. Er durchquerte die drei Bundesstaaten Kalifornien, Oregon und Washington in voller Länge und passierte Nationalparks und ausgewiesene Wildnisareale, Stammesgebiete, staatliche und private Ländereien, Wüsten, Gebirge und Regenwälder, Flüsse und Highways."

Das Buch ist ein autobiografischer Roman, der auf den Tagebüchern der Autorin basiert. Die Geschichte ist abgesehen von einigen kleinen Änderungen weitestgehend wahrheitsgetreu aufgeschrieben und so passiert. Das ist schon eine Tatsache, die für sich alleine genommen, fasziniert und beeindruckt! Wie kann eine einfache Kellnerin ohne Team oder Partner in der absoluten Wildnis bestehen? Wie kann jemand ohne Wandererfahrung eine derartige Ochsentour bewältigen? Die Schwierigkeiten, die Cheryl auf dem PCT begegnen sind einfach ungeheuerlich und trotzdem gibt es immer nur eine Alternative, die heißt weiter gehen!

Auf dem PCT ist Cheryl fast immer auf sich allein gestellt. Egal ob sie einen Bären in der Nähe vermutet oder ob sie sich über vereiste Flächen kämpft und den Pfad verliert. Jeder Schritt kann Leben oder Tod bedeuten. Nur an den Poststationen auf dem PCT nimmt sie ihre Versorgungspakete entgegen und kann mit gleichgesinnten Wanderern wertvolle Erfahrungen austauschen und Freundschaften schließen.

Die Geschichte ist einzigartig und auf ebenso einzigartige Weise von der Autorin erzählt.
Ich hatte das Buch als Lektüre ausgewählt, als ich selber in den Familien-Wanderurlaub gestartet bin und konnte mich kaum davon losreißen. Ein dynamisches Buch sehr packend und unterhaltend geschrieben.
Ich lobe dieses Buch, weil es diese Lob ausdrücklich verdient hat. Eine mitreißende Erzählung einer klugen Frau, die nur am Ende ein ganz kleines bisschen kitschig wird.
Ein Buch das Euch sehr gerne weiterempfehle.


Viele Lesegrüsse Eure Caroline









Samstag, 26. Dezember 2015

Gehe hin und lies nicht unvorbereitet -
[Rezension] Gehe hin, stelle einen Wächter - Harper Lee


Caroline Schultz

Mitgerissen von der Wiederentdeckungs-Euphorie im Sommer, bekam ich Lust eine Rezension zu dem lange verschollenen Erstlingswerk "Gehe hin, stelle einen Wächter" (Go set a Watchman) von Harper Lee zu schreiben. Ich muss bekennen, dass ich bis dato ihr berühmtes Werk "Wer die Nachtigall stört" (To kill a mockingbird) vor allem aus dem Schwarzweißfilm-Klassiker von 1962 kenne und nur teilweise selber gelesen habe. 1)

55 Jahre nach Erscheinen des Pulitzer-Preis gekrönten Dramas, halte ich nun "Gehe hin, stelle einen Wächter" in den Händen und bin zunehmend skeptisch. Der Klappentext sagt kaum etwas aus und der Einband ist so matt und langweilig, wie das Papier auf dem er gedruckt wurde. Ich habe das seriös wirkende Werk dann unmittelbar durchgelesen, wobei ich beim Lesen häufig verstört den Kopf schüttelte.
Wochenlang habe ich gezögert und mich davor gedrückt, zu diesem Roman Stellung zu beziehen. Doch bevor das Jahr verstreicht, möchte ich das noch erledigt haben.

Zum Inhalt:
Die Hauptfigur Jean-Louise Finch kehrt als 26-Jährige aus New York für ein paar Wochen Urlaub in ihre Südstaaten-Heimat Maycomb, zu ihrer Familie zurück. Ihr Vater Atticus Finch, inzwischen über 70, ist ein gebrechlicher, aber immer noch angesehener Anwalt. Jean-Louise, besser bekannt als "Scout" aus dem Welterfolg "Wer die Nachtigall stört", ist sich selbst treu geblieben, trägt immer noch lieber Hosen als Röcke und streitet sich mit ihrer Tante um gesellschaftliche Konventionen.
In Rückblicken erzählt Harper Lee aus Scouts Kindheit und malt das Bild einer unschuldigen Jugend, die Jean-Louise alias Scout ungebändigt mit Bruder Jem und Freund Dillon durchleben durfte. Ihr Vater Atticus war zu jeder Zeit ein Idol und die schwarze Nanny Calpurnia ihr sicherer Hafen.
Im Roman schildert Harper Lee aber vor allem das Leben der erwachsenen Jean-Louise, ihre Heiratsüberlegungen bezüglich Jugendfreund Henry. Ihre Nanny Calpurnia ist inzwischen eine alte Frau und hat der Familie den Rücken gekehrt. Ein erstes Vorzeichen dafür, das sich der Wind und die Stimmung nicht zum Guten gedreht hat.
Ein Autounfall ereignet sich. Ein junger Schwarzer überfährt einen anderen weißen Mann.
Calpurnias Familie bittet Atticus Finch um seine Hilfe als Anwalt. Dieser übernimmt den Fall, jedoch nicht aus alter Verbundenheit mit Calpurnia, dessen Enkel den Unfall verursacht hat, sondern aus Sorge darüber, dass ein NAACP-Anwalt (National Association for the Advancement of Colored People) diesen Fall an sich reißen und politisieren würde. 
Jean-Louise missfällt die Haltung ihres Vaters. Der ganze Aufenthalt in ihrem Heimatort Maycomb scheint von Meinungsdifferenzen durchsetzt zu sein. Ihre Umgebung, z. B. der Gemischtwarenhändler wünscht sich, dass sie zu Hause bleibt und nicht wieder nach New York zurückkehrt. Doch Jean-Louise ist von diesem Schritt bei Weitem noch nicht überzeugt.

An einem schicksalhaften Sonntag entdeckt Jean-Louise eine, über alle Maßen rassistische Broschüre in den Unterlagen ihres Vaters. Der Inhalt brüskiert und irritiert Jean-Louise zutiefst. Sie macht sich auf den Weg zum Gerichtsgebäude, wo nach Aussage ihrer Tante eine Bürgerrechts-Versammlung, bei der ihr Vater Atticus Vorsitzender ist, abgehalten wird.
Auf dem Balkon des Gerichtssaals hört Jean-Louise den Vortrag eines Gastredners: Mit Abscheu und Ekel hört sie eine rassistische Hetzrede der schlimmsten Sorte. Dieser gewisse Mr. Grady sieht in einer strikten Rassentrennung das Hauptinteresse der Südstaaten. Er bezeichnet die Schwarzen als strohdumm und eine minderwertige Rasse voller filziger Krausköpfe. Dies zu sagen gestattet ihm die Versammlung, die aus Männern aller Art und Ansehen besteht. Aus Männern mit Gewicht und Ansehen wie Jean-Louise beobachtet, nur Ihr Onkel Jack, Dr. Finch fehlt offensichtlich als Einziger. Jean-Louise versteht die Welt nicht mehr und stellt ihre ganze Familie, allen voran Vater Atticus und Freund Henry in Frage.

"Sie hörte die Stimme ihres Vaters, eine leise Stimme aus der warmen behaglichen Vergangenheit: << Gentlemen, wenn es auf dieser Welt ein Motto gibt, dann sollte es meiner Meinung nach lauten: Gleiche Rechte für alle, Sonderrechte für niemanden.<< "

Den erlebten Schock kann Jean-Louise nur schwer verarbeiten. Sie schwankt zwischen Weglaufen und Auseinandersetzung. Ein Gespräch mit Ihrem Onkel hilft ihr dann wenigstens ein Stück weiter, um die Auseinandersetzung mit ihrem Vater zu suchen. Als Leserin sehe ich in Atticus eine Metapher für die Amerikanische Regierung, in ihrer Rolle als abwägender Entscheidungsträger und auf väterliche Weise verantwortlich. Jean-Louise hingegen vertritt den Teil des amerikanischen Volkes, der tolerant und aufgeklärt ist und verstanden hat, dass der Entwicklungsprozess zu mehr Gleichberechtigung für die Schwarzen unabwendbar, richtig und wichtig ist. Auf der einen Seite gesteht sie Atticus zu: 

"Ich habe noch nie erlebt, dass du Neger so überheblich und respektlos behandelst, wie die Hälfte der Weißen hier unten das tun, wenn sie nur mit Ihnen reden, wenn sie sie auffordern, etwas zu tun" 

dann wieder zieht sie Vergleiche zu totalitären Machthabern.
Im weiteren Verlauf behandelt das Buch die schmerzhafte Abnabelung einer Tochter von ihrem Vater. Am Ende steht die Erkenntnis, das Jean-Louise , "die Farbenblinde", zu eigenem Denken und eigenen Entscheidungen fähig sein muss, auch wenn diese sich nicht mit denen, des von ihr vergötterten Vaters vereinbaren lassen. 

Atticus: "Dir tut es vielleicht leid, aber ich bin stolz auf dich...ich habe jedenfalls gehofft, dass eine Tochter von mir zu dem stehen wird, was sie für richtig hält, dass sie allen voran mir die Stirn bieten wird."

Jean-Louise: "Es geht um Balance. Ich kann ihn nicht besiegen und ich kann mich nicht mit ihm verbünden --


Meinung

Gehe hin und lies nicht unvorbereitet. Das ist mein erster und wichtigster Gedanke zu diesem Buch.

Der Roman, der zeitlich vor "Wer die Nachtigall stört" verfasst wurde, inhaltlich aber daran anknüpft, ist wie eine Zeitkapsel aus der Mitte der 1950er Jahre. Die Zielgruppe, an die sich das Buch ursprünglich richtet, ist eine Leserschaft, die Ort und Zeit aus dem Rückenmark kennt und nicht erst im Hinterkopf nach historischen Ereignissen oder dem Gesellschaftsbild dieser Epoche kramen muss. Harper Lee schrieb unter der Voraussetzung, dass Regeln und Leben im Alabama dieser Zeit bekannt waren. Dieser Umstand macht das Werk sehr authentisch, aber für Menschen mit einem sehr grob gerasterten amerikanischen Geschichtswissen - wie mich - zu einer Herausforderung. 

Scouts Bruder Jem ist tot, sodass er im Roman keine Rolle mehr spielt, auch Ihr Freund Dillon wird nur in Rückblicken erwähnt. Dies ist vermutlich ein Kunstgriff der Autorin, damit
Jean-Louise unangetastet den Mittelpunkt der Geschichte bildet. Welche Intention der Roman eigentlich verfolgt und in welche Richtung die Handlung läuft, bleibt lange Zeit beim Lesen sehr undeutlich. In vielen Einzelszenen werden die Haltung und die Persönlichkeiten der übrigen Figuren: Tante Alexandra, Freund Henry Clinton, Onkel Jack (Dr. Finch) vorgestellt und vertraut gemacht. Ein bisschen Erläuterung findet es dann doch noch, das konservative Leben im Süden, mit Kirchenbesuch, Kleiderordnung und gesellschaftlicher Verpflichtung - Tante Alexandra organisiert für Jean-Louise ein Damenkränzchen, bei dem die Ladys sehr dezent auch über Politik diskutieren, immer im jeweiligen Einvernehmen mit der Meinung ihrer nicht anwesenden Ehemänner versteht sich.
Doch diese Einzelszenen reihen sich ohne ersichtlichen roten Faden aneinander und machen den Roman umständlich.
Trotz allem Kopfschütteln meinerseits hat dieses Buch eine tiefe metaphorische Kraft, die damals und heute an die amerikanischen Bürger appelliert keine vorgefertigten Meinungen zu übernehmen, sondern das unerschütterlich richtige Wertebewusstsein, dass wir alle in uns haben, zu Wort kommen zu lassen und im Sinne einer toleranten und friedlichen Gesellschaft, die Konflikte und Ungerechtigkeiten zwischen Schwarz und Weiß ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. 
Wenn wir nun aus dem Jahr 1955 einen Schwenk in die Gegenwart machen, müssen wir leider erkennen, dass Amerika zwar einen schwarzen Präsidenten hat, aber auch ein Riesenproblem mit immer wiederkehrenden Rassenunruhen in Ferguson und Baltimore, zurückzuführen auf unrechtmäßige und unverhältnismäßige Polizeigewalt gegenüber Schwarzen.
Die politische Thematik der Rassenkonflikte ist bedauerlicherweise auch im Jahr 2015 noch von erschreckender Relevanz. Das jüngste Ereignis liegt grade mal  vier Tage zurück.

Exkurs: Negative Ereignisse in der Amerikanischen Geschichte:

27.12.2015: Quintonio LeGrier und Bettie Jones. Der Tod zwei schwarzer Menschen in Chicago, ein 19-jähriger und eine 55-jährige Frau (5-fache Mutter) - Sieben Kugeln zuviel!

Am 09.08.2015 starb in Arlington, Dallas der 19-jährige Christian Taylor. Die Polizei schoß auf den unbewaffneten Jungen, der mit seinem Wagen in die Schaufensterscheibe eines Autohauses gefahren war. Christian Taylor

Am 09.08.2014 (genau ein Jahr davor) wurde der Schüler Michael Brown von dem Polizist Darren Wilson erschossen. Die Folge waren die gewaltigsten Unruhen seit 1992.
Hintergrundinfos Historie der Afroamerikaner USA


Am 12.04.2014 Tödliche Polizeigewalt gegen den 25-jährigen Afroamerikaner Freddie Gray.
Ein Bericht des US Jusitzminesteriums belegt, dass die Polizei von Ferguson "routinemäßig"die Rechte der schwarzen Bürger zu mißachtet.
Pulverfass mit kurzer Lunte


Fazit zum Buch:

Ich möchte diesen Roman in kein Sterne-Korsett pressen, das finde ich in diesem Falle besonders schwierig. Die Geschichte hat dem Leser auf jeden Fall etwas zu geben und verfolgt auch eine politisch wichtige Intention. Die Handlung bedingt allerdings eine gewisse Sorgfalt beim Lesen und etwas epochales Hintergrundverständnis ist auf jeden Fall hilfreich. Abgesehen von allen Zugeständnissen, fehlte mir der rote Faden und der Plot schwenkte unvorhersehbar mal hierhin und mal dorthin. Schriftstellerisch war das Erstlingswerk zu spüren und als Unterhaltungsbuch möchte ich es auf keinen Fall empfehlen. In vielen Rezensionen habe ich im Nachhinein gelesen, dass es besser gewesen wäre, man hätte "Wer die Nachtigall stört" (ein Klassiker in allen englischen Klassenzimmern) als Einzelwerk stehen lassen und auf "Gehe hin, stelle einen Wächter" verzichtet.

Ich möchte Euch zwei wunderbare Alternativen zu diesem Roman empfehlen. Zwei Bücher, die sehr viel aussenden und dabei auch noch grandios spannend und unterhaltsam sind. 

Die Farbe von Wasser - James Mc Bride (Berliner Taschenbuch)

10,99 €









Gute Geister - Kathryn Stockett (btb Taschenbuch)
9,99 €











Liebe Grüße und viel Spass beim Lesen 

Eure Caroline Schultz







1) Für die Einordnung ist es wichtig zu wissen, dass "Gehe hin, stelle einen Wächter" inhaltlich in einem zeitlichen Kontext nach "Wer die Nachtigall stört" angesiedelt ist. In der Tat wurde das Buch aber einige Zeit vor "Wer die Nachtigall stört" geschieben.

Montag, 9. November 2015

[Rezension] Der Radieschen-Mörder
Ein perfider Gartenkrimi von Bernd Flessner

"Erheben Sie das Glas auf den Obst- und Gartenbauverein Biberbach. Und natürlich auf Karin & Walter Dollinger! Zum Wohl!"


Wie gerät eine Leiche in ein Maischefass? Und dazu noch mit einem Radieschen im Mund? Ein Unfall ist da ausgeschlossen und so gerät das schöne Dorf Biberbach in Aufruhr als ihr Mitbürger Johann Kunrath in dieser ungesunden Lage aufgefunden wird.

Mit freundlicher Genehmigung von blv
Der Tote war ein Einzelgänger und Sonderling, hatte kaum Freunde, doch er lebte für seinen Garten und gehörte als aktives Mitglied dem örtlichen Obst- und Gartenbauverein Biberbach an.
Eine Vollversammlung zu Ehren des grausam getöteten Mitglieds wird eiligst einberufen. Alle Hobbygärtner, Saftliebhaber und Kleinbrenner folgen zahlreich dem Aufruf des Vereinsvorsitzenden Axel Baumeister. Im Vereinsvorstand ist auch Walter Dollinger, der mit 58 Jahren auf Grund einer tückischen Allergie bereits im Ruhestand ist. 
Die Satzung des Gartenbauvereins fordert, dass einige Mitglieder den Garten des Verstorbenen weiterpflegen, bis seine Erben eintreffen. Ein folgenreicher Beschluss wird gefasst, der Walter Dollinger in die Schusslinie der polizeilichen Ermittlungen katapultiert. Bei der Gartenpflege für den getöteten Vereinskollegen macht er zufällig Entdeckungen, die die bisherigen Erkenntnisse der Polizei auf den Kopf stellen. Doch der Chef-Ermittler Schwerdtfeger ist ein grober und selbstgefälliger Klotz, der von Dollingers Vermutungen nichts wissen will.
Statt dessen stellt er Dollinger und den ganzen Gartenbauverein unter Generalverdacht. Aus Empörung ernennen die Biberbacher Vereinsmitglieder Walter Dollinger zum Amateurdetektiv mit der Lizenz zum Mord aufklären. Gemeinsam mit seiner Frau Karin stürzt Dollinger sich in die Ermittlungen und gerät dabei selbst in Lebensgefahr.

Der Krimi ist in einer sommerlichen Welt voller Gartenfreude angesiedelt. Neben der spannenden Story sind auch immer wieder Erdbeeren, Tomaten, rote Beeten, Wachs- und Stangenbohnen Nebendarsteller und Metaphern in der Handlung. Es gibt akribische Hardliner unter den Gärtnern und diejenigen, die auch ein Herz für Raupen und Wildwuchs in Ihrem Garten haben. Zu Letzteren gehört auch Hobby Detektiv Walter Dollinger. Seine Allergie hat ihn viel zu früh berufsunfähig gemacht, doch das er immer noch Biss und Mut hat beweist er nicht zu knapp bei den aufreibenden Mordermittlungen. Unterstützt wird er dabei von seiner Ehefrau Karin, die trotz Lebensgefahr tapfer zu ihm hält. Auch die Dorf-Klatsch-Tante Monika Dietlein versorgt ihn gefragt und ungefragt mit jeder Menge Details zum Ermordeten und dem engeren Personenkreis.

Dieses Buch ist in jeder Hinsicht eine positive Überraschung. Bei einem Verlag, der primär Ratgeber- und Sachbücher zu Themen aus Natur- und Freizeit herausgibt, hatte ich keine Prosa erwartet. Und doch glich der Messestand des blv Verlages schon selbst einem Radieschen Beet, übersät mit Exemplaren des Radieschen-Mörders. Ein ungewöhnlicher Umstand, der mich Neugierig machte.

Lesen durfte ich dann, eine überaus frische Geschichte mit einem unverbrauchten und sympatischen Ermittler. Voller spannender Momente zum Luft anhalten und mitzittern. Der Leser wird verschont von unnötigen Längen und Zeit dehnenden Beschreibungen. Das bayrische, dörfliche Umfeld ist ein idyllischer Kontrast zur Härte des Verbrechens aber ohne den üblichen Bayern Klamauk. Liebevoll flicht der Autor eine gute Dosis Garten- und Dorf-Romantik mit in die Kriminalstory, so dass dieses Buch eine Extra-Empfehlung für alle Gartenfreunde verdient. Aber auch Menschen ohne grünen Daumen können sich von der gewitzten Geschichte mitreißen lassen. Bernd Flessner erzählt schnell und schnörkellos mit einer wohl dosierten Prise Humor und Selbstironie. Flessner lässt als Autor einen guten Beobachter und Menschenkenner durchblicken, der in die dörfliche Gemeinschaft und das Vereinsleben alle gängigen Typen der neuzeitlichen Latte-Macchiato-Gesellschaft eingebaut hat.

Der Radieschen-Mörder hat mich wunderbar unterhalten und mir viel Spaß gemacht. Ich habe den Krimi wirklich zügig durchgelesen und bestens dabei entspannt. Ein tolles leichtes Unterhaltungsbuch, dass ich Euch weiterempfehlen möchte, von einem Autor mit Background wie bei blv nachzulesen ist.

Eure Caroline Schultz

Der blv Verlag über den Autor:
Dr. Bernd Flessner studierte Germanistik, Theater- und Medienwissenschaft sowie Geschichte in Erlangen und promovierte 1991. Er arbeitet als Zukunftsforscher am Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie als freier Autor. Er schreibt u. a. für die Neue Zürcher Zeitung, die Nürnberger Nachrichten, die Zeitschriften mare und Kultur & Technik sowie für Fernsehsender wie den Bayerischen Rundfunk. Als Autor wurde er 2007 mit dem Utopia-Preis (Aktion Mensch) und 2011 mit dem International Corporate Media Award ausgezeichnet. Von ihm erschienen zahlreiche Kriminalerzählungen in verschiedenen Verlagen und fünf Romane mit dem Hauptkommissar Gerd Greven (Leda-Verlag). Dr. Bernd Flessner ist außerdem Mitglied im »Syndikat«, einer Autorengruppe für deutschsprachige Kriminalliteratur.
Mehr Infos unter www.bernd-flessner.de.





Donnerstag, 15. Oktober 2015

Frankfurter Buchmesse 2015 - Caro's Messenotizen - Messenotes


"Verweile doch Du bist so schön"
Momente von denen ich mich noch nicht trennen will.
Willkommen bei meinen Messenotizen.


Kein Buch ohne Deckel


Wohin geht so ein Buchcover eigentlich, wenn es sich mal nicht richtig wohl fühlt? Wenn es fiebert oder Gelbstich bekommt? Oder es das Gefühl hat, es muss ein neues Outfit her, um mit all den anderen Buch-Fashionistas mithalten zu können? Die Antwort auf diese Frage fand ich in Halle 4.1 der Frankfurter Buchmesse. In der Book-Cover-Clinic beraten innovative holländische Grafik-Designer die Buchvorderseiten medizinisch kompetent und setzen die notwendigen Eingriffe um. Wurde bei der Erstausgabe noch nicht das Ideal getroffen? Oder ist aus Marketingsicht eine neue optische Einordnung notwendig? Trägt ein Makeover zur Wertschöpfung bei?  Dann sind die Graphic Design Doctors der Book-Cover-Clinic zur Stelle.


An zahlreichen Buchtiteln zeigen die Holländer mustergültig wie ein alternativ gestaltetes Cover aussehen kann. Mehr Info hier..








Zu Tränen gerührt ....

hat die Gegenwartsautorin Jojo Moyes ein Millionenpublikum mit Ihrem Buch "Ein ganzes halbes Jahr". Jetzt erfreute die Britin Ihre Fans hellauf, als sie auf dem blauen Sofa Platz nahm, um den ersehnten Fortsetzungsroman "Ein ganz neues Leben" (Wunderlich) vorzustellen. Sehr sympathisch und charismatisch sprach Sie mit Michael Jahr über die Figuren in Ihrem neuen Buch, das schon jetzt ein Bestseller ist. Auch aktuelle Fragen der Flüchtlingspolitik und die Vorbildfunktion Deutschlands wurden thematisch gestreift.
Hier geht es zum Video in der ZDF Mediathek

Abenteuer Safari

Das anhaltende Regenwetter machte den Messestand des Kein & Aber Verlages in den ersten Messetagen zu einem Geheimtipp. Nur wagemutige Besucher bewegten sich außerhalb der geschützten Messehallen. Auf der Agora neben dem Lesezelt, hatten die Aussteller ein grünes Zelt im Stil einer Safari-Lodge bezogen und gaben sich kontrastreich verglichen mit dem Mainstream.


Die exotische und atmosphärische Stimmung machte Lust auf gemütliches einkuscheln und Bücher
lesen. Das Verlagsprogramm des innovativen Schweizer Verlagshauses findet ihr hier.



Halle drei - "Wo das coole Zeugs ist"



Dies ist eine Collage der Bücher, die ich mir ganz persönlich merken wollte...


(..und noch viele andere)







Der Ehrengast

Das Gastland Indonesien bereicherte die Frankfurter Buchmesse mit Klängen, Tänzen, Kochkunst und Gewürzen. Mit ganzheitlichen Sinneswahrnehmungen, Einblicke in Kultur, Schriften und Buchwelten erzeugte Indonesien auf diese Weise ein wahrhaftiges Expo-Feeling.



Oben: Die Plakatkunst Indonesiens im Video



Das neue Element im Literaturbetrieb


Vor einigen Jahren waren Sie noch exotische Einzelwesen, jetzt schreiben und posten Sie scharenweise über Ihre Lieblingsbücher und Leseerfahrungen. Buchblogger sind im Jahr 2015 zu einem festen Bestandteil des Buchmarketing geworden. Circa 1300 Blogger waren auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse akkreditiert. So ist es nachvollziehbar, dass ein Bloggertreffen das Nächste jagte.
Papiergflüster organisierte ein freies Bloggertreffen, das von Buchhandel.de, Heyne Verlag, Klett-Cotta Verlag und dem Atlantik Verlag unterstützt wurde.
Die Verlage Hanser, Suhrkamp und S. Fischer veranstalteten dieses Jahr ein Treffen im neu geschaffenen Orbanismspace. Leander Wattig moderierte aus diesem Anlass ein Podiumsgepräch mit den Verlagsvertretern und ging dabei der Frage nach, wie in Zukunft verlagsseitig mit Blogs und Tools umgegangen werden soll? Ich genoss bei diesen Treffen vor allem das wunderbare Wiedersehen mit lieben Herzmenschen, wie Karin von Buchgefieder und Podcasterin Alexandra von Satzsitz und viele andere schöne Gespräche.


Hier ein paar Spaß- und Lieblingsbilder:
(von oben: Div Verlagsköpfe, Leander Wattig, uvm., In rosa: Christiane Frohmann, Karin & Mandy 



Blog 'n Talk auf dem Random House Stand


Autoren hats ja viele auf derer Messe, so kams das ich bei den Münchnern am Random House Stand mit einigen Schriftstellerinnen und Schriftstellern ins Plaudern kam. Besonders erfreut hat mich das Zusammentreffen mit Lilli Beck. Ich muss zugeben, dass ich bisher noch keine regelmäßige Leserin ihrer Bücher bin, aber ihr frisches funkelndes Wesen und Ihre sympathische Art haben mich neugierig gemacht. Auf dem Heimweg verschlang ich quasi die Leseprobe für Ihr aktuelles Werk "Glück und Glas" und bin schon ganz gespannt wie es weitergeht.

Die Frankfurter Buchmesse ist stets ein passender Ort, um mich auf Autoren und Bücher zu stoßen, an denen ich bisher einfach blind vorbei gelaufen bin. Völlig unterschätzt habe ich z.B. die Schaffenskraft des freundlichen Autoren Titus Müller, mit dem ich mich gleichermaßen auf dem Bloggertreffen bei Random House austauschen konnte. Unter dem Banner des Blessing Verlages brachte der Historiker in diesem Frühling den beachtenswerten Berliner Geschichts-Roman "Feuerland" rund um die Märzunruhen 1848, heraus. Wir kennen Titus Müller aber auch durch gefeierte Werke wie "Nachtauge" oder als Co
-Autor des querschnittsgelähmten Samuel Koch beim Adeo Verlag.

Themenvorschau

In jeder guten Illustrierten gibt es eine Vorschau auf das nächste Heft. Aus diesem Grund soll auch hier ein Ausblick nicht fehlen, denn mit meinen Messenotizen ist an dieser Stelle Schluss für heute.
In Kürze gibt eine Zusammenfassung über den EUPL -  den Europäischen Literaturpreis - den ich erstmals in diesem Buchmessejahr kennen lernen durfte. Viel Interessantes zur weltberühmten Astrid Lindgren und freuen dürft ihr Euch auch auf eine Video Zusammenfassung des Messe Talks: Zwischen Feuilleton und Haul. Literaturkritik 2015, sowie Rezensionen und Buchvorstellungen.

Wir lesen uns...Bis dahin herzliche Grüße

Caroline Schultz
















Sonntag, 11. Oktober 2015

Bücherherbst - Was bisher geschah & Die Verwandlung

von CAROLINE SCHULTZ

Noch bevor die Frankfurter Buchmesse überhaupt angefangen hat, erscheint mir der diesjährige Bücherherbst bewegter als jemals zuvor. Zu vieles ist schon passiert.

Wir mussten Abschied nehmen von dem großartigen und wunderbaren Literaturkritiker Hellmuth Karasek, den ich für seine charmante ruhige Art, die stets treffend und oft humorvoll war, sehr bewundert habe.  Eines meiner liebsten und vermutlich eines seiner bekanntesten Zitate ist: "Die Kunst des Erzählens besteht darin, eine Katze mit maximalem Effekt aus dem Sack zu lassen." (Hellmuth Karasek). So einfach und so wahr! Einen schönen Nachruf findet ihr hier.

Kurz nachdem für Hellmuth Karasek zum letzten Mal der Vorhang gefallen war,
erwachte  "Das Literarische Quartett" von den Toten. Das einstige Original-Quartett verhalf Hellmuth Karasek, Marcel Reich-Ranicki und Sigrid Löffler zu erheblichem Ruhm in der Literaturszene und großem Erfolg im deutschen Fernsehen.
Das neue Quartett besteht nun aus Volker Weidermann (Der Spiegel), Maxim Biller (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), Christine Westermann (Moderatorin, Journalistin) und in der ersten Folge der (Juristin, Autorin) Juli Zeh. Das neue Quartett kam zum ersten Mal am 02.10.2015 zusammen.Hier geht's zur Mediathek
Die Sendung löste hohe Einschaltquoten (1,07 Millionen) aber wenig Begeisterung bei Zuschauern und Kritikern aus. Auch die Buchhandlungen konnten kaum Nachfragen zu den besprochenen Titeln verzeichnen. (Kaum Kaufimpulse für den Buchhandel - Umfrage bei Börsenblatt.net am 07.10.15)
Vielleicht brauchen die aktuell berufenen Literaturkritiker noch etwas Zeit um in diesen großen Schuh hineinzuwachsen. Ich bin gespannt auf weitere Sendungen und absolut dafür, dem Quartett wieder eine Chance zu geben. Vielleicht erinnern wir uns derweil an die Worte Marcel Reich-Ranickis: "In der Literatur gibt es nur zwei Themen, die Liebe und den Tod, alles andere ist Mumpitz."


Mit nur 67 Jahren verstarb der schwedische Schriftsteller und Schöpfer der "Kurt Wallander
Thriller-Reihe", Henning Mankell. Am Montag, den 05.10.2015 erlag er seinem Krebsleiden. Er war ein gefeierter Gegenwartsautor, der weltweit von seinen Lesern geschätzt wurde und ein großer Afrikakenner.


Ich habe seine Wallander Krimis mit Spannung aufgesogen, doch viel mehr haben mich andere gesellschaftskritische Bücher aus seiner Feder begeistert: Vor einer satirisch humorvollen Kulisse erzählt Henning Mankell die Geschichte eines Flüchtlingsmädchens, Sie heißt  "Tea-Bag" und flüchtet aus dem Sudan nach Schweden. Ich habe dieses Buch - Tea-Bag - schon vor langer Zeit in mein Herz geschlossen und ich denke, jetzt ist genau der richtige Moment, um wieder daran zu erinnern. 

Weniger leichtfüßig zu lesen, aber von nachhaltiger Eindringlichkeit ist Mankells "Der Chronist der Winde" 
"Man kann fliegen, ohne sichtbare Flügel zu haben." 
Nelio, ein zehnjähriges Straßenkind, erzählt sein Leben, während er mit einer Schusswunde auf dem Dach eines afrikanischen Hauses liegt und weiß, dass er sterben wird. Der Roman verschweigt keine Brutalität und schönt keine Realität, er erzählt vom Verlust, von einem schwierigen Land und den Sehnsüchten und Hoffnungen in einem Leben mit anderen Kindern auf der Straße.

Wir sind umgeben von einer ungeheuren Flüchtlingsproblematik und doch sind wir Europäer von einem umfassenden Verständnis für die Lage in den Ursprungsländern der Geflüchteten viel zu weit entfernt, Literatur, wie Henning Mankells "Der Chronist der Winde" hilft uns zu sehen!


Was sonst noch wichtig war - Via Facebook kam es zu mir: Das Buchmesse-Alphabet vom Verlag Kipenheuer & Witsch. Da kann ich nur empfehlen, selber lesen und mitlachen. 

Und nun, wo die beste aller Messen endlich in Sichtweite ist, da sag ich nur Swetlana Alexijewitsch, die weißrussische Schriftstellerin ist die diesjährige Trägerin des Literaturnobelpreis. Die FAZ hilft uns unsere Wissenslücken bezüglich der Schriftstellerin und ihres Werkes zu schließen, denn leider muss ich hier ehrlicherweise total passen. Ich sage nur "Herzlichen Glückwunsch" nach Weißrussland!

Und nun läuft er mein persönlicher Countdown bis zur Messe. Ab morgen wird gepackt und 
doppelt gefreut, ab Mittwoch bin ich nicht mehr Mutter und Familienmensch, nicht Ehefrau, Tochter oder Angestellte, dann verwandle ich mich in eine Buchverrückte unter Gleichgesinnten!

Die Verwandlung
Als Caroline Schultz-Samsa am Mittwoch Morgen aus unruhigen Träumen erwacht, findet sie sich in ihrem Frankfurter Hotelbett zu einem ungeheuren Messegeziefer verwandelt. Sie liegt auf ihrem harten, panzerartig verspannten Rücken und fühlt sich wie ein Bundesbahn-tauglicher Hartschalenkoffer nur ohne die Rollen. Unter der weggleitenden Decke erkennt sie ein dunkelgraues bogenförmig abgestepptes Etuikleid, schwarze Nylonstrümpfe, dazu passende hochhackige Pumps.
An ihrer linken Hand ist ein Smartphone angewachsen und von der rechten Schulter baumelt eine flache Notebooktasche. Die Weckfunktion des Smartphones hupt unerbittlich. "Was ist mit mir geschehen?" denkt sie. Es ist kein Traum. Sie ist tatsächlich in ihrem Hotelzimmer. Vorsichtig hebt Sie den Kopf, dabei erkennt Sie ihr Namensschild am Kleiderstoff und das bedruckte Schwarze Schlüsselband mit der #FBM15 Blogger-Badge daran. Carolines Blick richtet sich dann zum Fenster, das wechselhafte Wetter und der Anblick des Messeturms macht sie sofort fröhlich. Blitzartig hüpft sie aus dem Bett, verfehlt beim Auftreten nur knapp den E-reader, wirbelt Notizblätter und Leseexemplaare vom Bett und rennt aus dem Zimmer! "Juchu, es ist Messetime ;-)"

Und wenn ich mich abends nicht wie ein zertretenes Insekt fühle, dann dürft ihr bei mir wieder in der ersten Reihe sitzen und meine Messe-News lesen.


Caroline Schultz

Sonntag, 13. September 2015

#BLOGGERFUERFLUECHTLINGE - Helft mit!


Hallo Ihr Lieben,

Mittlerweile gibt es viele positive Aktionen im Netz und an der Basis, mit denen die Menschen in Deutschland Hilfe für die eintreffenden Flüchtlinge organisieren. Vor kurzem erst, hatte ich Gelegenheit euch das Flüchtlingsprojekt Bantabaa e.V. in Berlin vorzustellen. Die integrative Arbeit dort ist äußerst wichtig und sinnvoll und basiert vollständig auf Spendengeldern und ehrenamtlicher Mitarbeit.
Die aktuelle Lage erfordert aber noch sehr viel mehr Einsatz, von sehr vielen Menschen!
Als Blogger und Büchermensch möchte ich Euch deshalb ganz besonders auf die Initiative und den Spendenaufruf der #bloggerfuerfluechtlinge aufmerksam machen.
Die engagierte Verlagsfrau Karla Paul (Edel Ebooks) und ihr Mitstreiter-Team ruft uns alle auf, nicht wegzuschauen, sondern die Flüchtlinge zu unterstützen. Wir können das auf vielfältige Weise:

Indem
- diesen Aufruf weiter verbreiten
- wir für gegenseitiges Verständnis und friedliches Miteinander
  eintreten
- wir vor Ort nachfragen was gebraucht wird, mithelfen
- wir Geld spenden.

Wenn ich die sozialen Medien richtig verfolgt habe, dann konnte die Initiative #bloggerfuerfluechtlinge bereits mehr als 100.000 EUR sammeln! Das ist eine großartige Summe und angesichts der aktutellen Erfordernisse dringend notwendig. Spendet also fleißig weiter und holt weitere Helfer ins Boot. Denn wenn wir alle nur einen kleinen Teil geben, ist es für niemanden zu viel und wir können trotzdem eine Menge für die Geflohenen erreichen und sie in die Mitte unserer Gesellschaft bringen.

Einen weiteren Ansatz für die Unterstützung der Flüchtlinge bei der Integration bietet die Initiative "Bücher sagen Willkommen", der Deutschen Buchbranche. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Frankfurter Buchmesse arbeiten im Zusammenschluss mit Litcam an einer verbesserten Bildungsgerechtigkeit. Die Einrichtung von "Reading und Learning Rooms" speziell für Flüchtlinge soll ein zentrales Mittel sein. Folgt den Links und lest selbst!

Bei der ganzen deutschen Organisiertheit, sollten wir aber nicht vergessen, wie schwerwiegend die Erlebnisse der Menschen sind, die hier eintreffen. Sie haben Tod und Verzweiflung erlebt und vermissen ganz sicher Ihre Heimat. In Europa sind sie vor dem Krieg in Sicherheit, aber wer schon einmal Ausländer in einem anderen Land war, hat vielleicht eine winzige Idee davon wie fremd man sich fühlen kann.
Ich denke unsere Herzlichkeit und unser freundliches Willkommen sollten wir immer und unbegrenzt an die Menschen weiterschenken die neu bei uns sind.

Caroline Schultz

Sonntag, 30. August 2015

Its all about selfies, summer & donations - Caroline goes arvato Bloggertreff

Für die Flüchtlingshilfe Bantabaa e.V.

Hallo Ihr Lieben,

stellt Euch vor es ist Dienstag und alles ist ruhig. So richtig ruhig. Nicht einmal Euer Whats App macht Ping. So ging es mir letzten Dienstag auch. Zwischen Müll raus tragen und Elternabend guck ich schnell noch nach meinem Facebook und freu mich! Klar der neue Ruthe Witz war auch super, aber das meine ich nicht. Total unerwartet zwinkert mir eine junge Dame mit Sonnenbrille zu. Quer über ihrem Gesicht steht in weißer Schrift


27.08. arvato Bloggertreff
#donateasummerselfie
Base Camp Berlin
                                
Eine Einladung! Nach Berlin! Wie cool.... Weil ich Bloggertreffen liebe und Berlin sowieso, bin ich sofort angefixt und habe Lust hinzufahren. Aber was bedeutet #donateasummerselfie? Was ist der Anlass für diesen Bloggertreff?
Reisebereit
Ich lese und lerne, dass es bei dem arvato Bloggertreff darum geht, sommerliche Selfies zu knipsen (z. B. mit Strohhut und Sonnenbrille), und diese dann in meinem Netzwerk hochzuladen .(#donateasummerselfie) Für jeden Selfie gehen dann 5 € an das Flüchtlingsprojekt Bantabaa in Berlin Kreuzberg. Helfen will ich sowieso gerne und bevor meine Großhirnrinde irgendwas einwenden kann, drücke ich schnell die "Teilnehmen Taste". Klar gibt's zuhause noch ein paar Dinge abzuchecken, aber das lässt sich regeln.

Nun sitze ich voller Vorfreude auf spannende Blogger-Menschen im Zug Richtung Hauptstadt. Das Wetter könnte etwas sommerlicher sein, aber das wird vielleicht noch.
Bei der Internetrecherche über das Flüchtlingsprojekt Bantabaa  bleiben bei mir viele Fragen offen, doch ich bin sicher, dass ich heute abend noch einiges erfahren werde.

Some hours later in Berlin Mitte - Base Camp


Christina Richter und Luisa Busemann begrüßen die Gäste
Überdeutlich spüre ich ihn jetzt, den 'Summer in the City'. Trotz bedecktem Himmel ist es drückend heiß als ich die nerdige Location in Berlin Mitte erreiche. Ein paar Leute sind schon da und die Initiatorin Luisa Busemann von der arvato AG begrüßt mich freundlich. 

Mit einem kühlen Getränk in der Hand, steige ich zunächst in den small Talk mit anderen Besuchern ein. Nebensächliches soll euch aber erspart bleiben;


Worum es an diesem Abend nun wirklich ging, dass seht und lest ihr hier in meiner Zusammenfassung.



Nachdem Christina und Luisa alle Anwesenden begrüßt haben, erhält Theresa Schulte als Stellvertreterin des Vereins Bantabaa e. V. das Wort. Im Video erzählt sie Details aus dem Integrationsprojekt für die Flüchtlinge am Görlitzer Park.



Zum Nachlesen habe ich hier einen Auszug aus dem offiziellen Flyer eingefügt:

"Bantabaa e.V. ist ein Verein zur Unterstützung der Geflüchteten im und um den Görlitzer Park. Viele sind sogenannte Lampedusa-Flüchtlinge, die eine lebensgefährliche Flucht durch die Wüste und über das Mittelmeer hinter sich haben, in Italien oder Griechenland obdachlos, recht- und mittellos waren und nun hoffen, in Deutschland endlich angekommen zu sein. Tatsächlich aber erwarten sie auch hier überwiegend Elend und Verwahrlosung: ohne Wohnung und finanzielle Mittel, ohne Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung und von der Abschiebung bedroht, werden viele in die Kriminalität gedrängt. Wir wollen das nicht hinnehmen.

Suwaye Sana, Aladin und Teresa Schulte
Bantabaa ist ein Treffpunkt für die Geflüchteten. Wir bieten Deutsch- und Alphabetisierungskurse, Rechtsberatung und die Vermittlung medizinischer Hilfe. Wir helfen bei der Wohnungssuche und bei Behördengängen. Vor allem aber bemühen wir uns, für die Geflüchteten, soweit es ihr aufenthaltsrechtlicher Status zulässt, eine vernünftige Beschäftigung zu finden. Dies können Praktika, gemeinnützige Arbeit oder echte Jobs sein. Wir denken, dies ist der beste Weg der Integration und auch Teil der Lösung der Konflikte rund um die Geflüchteten im Kiez...."

In meiner Stadt gibt es auch zwei Auffanglager für Flüchtlinge, dort bleiben die Menschen aber nur 1-2 Tage, bis sie von hier aus weitergeleitet werden. Das Rote Kreuz, viele Ehrenamtliche und Bürger helfen wo sie können. Doch ich frage mich täglich, wie es weitergeht wenn die Flüchtlinge dann in einer anderen Stadt ankommen? Wann und wie die eigentliche Integration beginnt und z. B. Sprachkurse den Menschen einen ersten Brückenschlag ermöglichen? Heimatlos, traumatisiert und verängstigt wie sie sind, dürfen Sie nicht abgeschnitten bleiben von unserer Gesellschaft, sondern müssen in unsere Mitte aufgenommen werden. Ich denke, dass wir bei den erwarteten Flüchtlingszahlen vor einer sehr ernst zu nehmenden Herausforderung stehen, aber vor allem denke ich, dass die Flüchtlingswelle eine riesige Chance für die Bundesrepublik ist. Dies zeigt uns die Studie der Bertelsmann Stiftung, welche belegt, dass Deutschland von Zuwanderung profitiert. Tagesschau.de erläutert ebenfalls in einem Beitrag wie Zuwanderer die deutschen Sozialkassen füllen. 

Eine derart große Aufgabe erfordert auch große Anstrengungen. Es ist wichtig, dass wir unsere Sache gut machen und schnell und vorbildlich helfen und handeln. Vorbildlich in diesem Sinne sind auf jeden Fall die Anstrengungen des Flüchtlingsprojektes Bantabaa e. V. in Berlin. In kleinem Rahmen wird genau das Richtige getan, die Integration der Menschen vorangetrieben. Die Flüchtlinge kommen gerne und freiwillig, sie nutzen die Sprachangebote konsequent und geben auch viel zurück, sagt mir Teresa Schulte.

Ich bin dankbar, dass mein Leben nicht bedroht ist und so viel einfacher, als das der Flüchtlinge. Ich habe ein schönes Zuhause und meine Kinder können gefahrlos zur Schule gehen. Da fällt es mir leicht ein paar Selfies zu machen und damit eine gute Sache zu unterstützen.

Caroline & Almut Eckhof
Sebastian, Aladin & Caroline















Mit vielen Fotos und Gesprächen endet der bereichernde Abend und wer auch gerne Bantabaa untersützen möchte, kann hier Kontakt aufnehmen:

Falkensteinstraße 18
10997 Berlin
https://facebook.com/Bantabaa

Eure Caroline