Donnerstag, 3. Januar 2013

Silvester


Mein Abschied vom Aberglauben

Ihr kennt mich, bis zum „Oh du fröhliche“ des alljährlichen Weihnachtsgottesdienst bin ich die gläubige, normale Durchschnitts-Christin mit allem was dazugehört. Taufe, Konfirmation, Kirchenbesuche, christliche Erziehung meiner Kinder, Nächstenliebe, etc. pp.

Doch dann....  plötzlich an Silvester, da verwandle ich mich. Ich werde zu einem mittelalterlichen, abergläubischen Mütterchen mit knorrigem Stock und Buckel. Während der hiesige Silvester-Freund sein Feuerwerk aus natürlicher pyromanischer Zündellaune oder schnödem Unterhaltungsdrang einkauft und abfeuert, so treibt mich persönlich eine tiefere Erkenntnis in den gut sortierten Einzelhandel. Als Frau muss ich glücklicherweise nicht mithalten bei dem traditionell verwurzelten Balzgehabe der Männer um die dicksten Raketen. Da bin ich im Vorteil und kann mich auf das wahre Wesen von Silvester konzentrieren.
Denn Raketen, Batteriefeuerwerk, Böller, Leuchtfeuerwerk und Knaller haben doch nur einen wirklichen Sinn: Die bösen Geister und dunklen Schatten des vergangenen Jahres sollen vertrieben werden. Alles was im abgelaufenen Jahr negativ war, muss zurückbleiben und der Zeitsprung der üblen Kräfte in die verheißungsvolle glänzende Zukunft muss auf jeden Fall gestoppt werden!!
Mit 27 Raketen diverser Größen, sowie verschiedenen anderweitigen Feuerwerkskörpern gerüstet, trat ich auch in diesem Jahr um Punkt 0 Uhr in der Silvesternacht meinen persönlichen Dämonen entgegen; Bereit ihnen den Garaus zu machen.
Mein Verbündeter: Ein kleines rosa Einwegfeuerzeug der Marke Bic. Da ich Nichtraucherin bin, sei hier angemerkt, dass ich nicht sehr viel Erfahrung mit Feuerzeugen habe. Doch unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen zündete ich meine Raketen. D.h. ich wollte sie zünden. Leider kämpfte ich nun eher einen Kampf gegen die immer wieder im Wind ersterbende Feuerzeugflamme, als gegen die bösen Geister.  Eine sehr lange Weile später, hatte ich mit etwas männlicher Unterstützung doch noch alle Raketen und Leuchtfeuer abgeschossen - die negativen Kräfte aus dem Firmament vertrieben. Der Kampf war gewonnen! Eine innere Zufriedenheit würde sich nun einstellen, doch Mensch....Au weh: Da war eine münzgroße Blutblase an meinem Feuerzeug-Daumen und ein paar kleinere Brandstellen an den Handinnenflächen. Egal, wer schön sein will muss leiden, Ach nee, das war ja ein anderer Spruch.


Wieder im Haus, startete Phase II meines manifestierten Silvester-Aberglaubens: Glückskekse! Die Gastgeberin verteilte die kleinen einfolierten, viel zu süßen, zu knusprigen Glücksdelikatessen an die Partygäste. Schnell angelte ich mir auch einen aus der Schüssel. Schließlich habe ich seit Jahren kein Silvester mehr ohne Glückskeks gefeiert und die weisen Sprüche sind mir stets ein sinnvolles Leitwort für das neue Jahr gewesen. Im Kreise meiner Lieben und voller kribbeliger Anspannung öffnete ich meinen diesjährigen Keks. Und dann las ich es: In vier Sprachen stand es deutlich sichtbar vor mir. Rote Schrift auf weißem schmalen Papierstreifen: „Kaufe Dir nächste Woche ein Paar neue Schuhe“. Wie??? Das war‘s? Ich drehe den Zettel ein paar Mal herum. Bevor ich meine Haltung völlig verlieren konnte, ermuntern mich meine Freunde doch einfach einen neuen Keks zu nehmen. Na, ja das ist eigentlich gegen meine persönlichen Regeln. Aber was soll‘s. Ich nehme einen zweiten Keks und hoffe nun auf die erbauende tragende Schlüsselprophezeiung für mein Leben in den nächsten 12 Monaten. „Ahhhhhh!“ Aber nein, das gibt es doch nicht - ich habe den gleichen Spruch noch einmal! „Kaufe Dir nächste Woche ein Paar neue Schuhe.“ Das Schicksal lässt sich eben nicht betuppen. Es ist eindeutig, ich MUSS in der nächsten Woche mindestens ein Paar neue Schuhe kaufen.
So einen guten Grund hatte ich eigentlich noch nie!! Unterschwellig frage ich mich doch, was überhaupt dran ist an meinem Aberglauben? Vielleicht hat der Glückskeksfabrikant eine Beteiligung an Tamaris oder Zalando??
Nun folgt noch der letzte Streich in der Silvesternacht: Dass Bleigießen. Nicht gerade meine Königsdisziplin, denke ich. Mal sehen. Vielleicht bringt mir das ja Erkenntnisgewinn. Stark übermüdet plumpst mir dann auch das flüssig heiße Metall ohne jeden Schwung in die Schüssel mit dem kalten Wasser. Ein nicht interpretierbares Klümpchen stellt mich vor neue Rätsel? Was könnte das nun sein?
Mein Sohn z. B. gießt jedes Jahr einen gut erkennbaren Fisch. Die Deutung hierfür lautet: „Ein Bad währe wohltuend“. Passt auch irgendwie immer, hi hi.
Aber ich habe für diesen Blei-Knubbel beim besten Willen keine Idee mehr. So gehe ich bettschwer, müde und glücklich von der Feier nach Hause in eine ungedeutete ungewisse Zukunft. Kurz bevor ich einschlafe, denke ich: „Vielleicht ist das der Hinweis?“ Nicht mehr deuten. Das Leben ist voller Rätsel und Überraschungen. Horoskope und Orakel können uns Spaß machen aber sie geben keine wirklichen Antworten. 
… Die wirklichen Antworten kann man in guten Büchern finden oder gibt das Leben selber.

Euch allen ein Frohes Neues Jahr!

Caroline Schultz



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